Teuffel birdfish |
Und der Teuffel ging hin, den Menschen zu verführen und schuf ein modulares Instrument, ein androgynes Wesen wechselhaften Charakters von geradezu perfider Mannigfaltigkeit und vieler Zungen mächtig und gab ihm den Namen ,birdfish'. Es gibt Gitarren, zumal elektrische, die sind vornehmlich einfach und kostensparend gebaut. Ziel vieler Pioniere der E-Gitarre war die industrielle Serienproduktion praktischer und preiswerter Instrumente, die auch von ungelernten Arbeitskräften zusammengefügt werden konnten. Zunächst orientierte man sich dabei an den Klangeigenschaften der akustischen Gitarre, wollte die nur lauter machen. Quasi nebenbei aber etablierte sich eine völlig neue Gattung von Instrument, dessen komplexe Sounds sich erst nach und nach erschlossen - selbst ein Leo Fender (Ingenieur, kein Musiker) hat nicht im Traum einmal die klangliche Potenz seiner Instrumente abschätzen können. Ob wir es nun logisch oder wahnwitzig nennen ist unerheblich, jedenfalls erzielen die in schlichtester Bauweise erstellten Gitarren früher Jahre mit die höchsten Preise auf dem Sammlermarkt. Was Wunder, definierten sie schließlich doch auch den Sound der 50er, 60er Jahre und - es handelt sich um die Originale. Das sind nun alte Geschichten, aber die Zeit bleibt bekanntlich nicht stehen und, lange Rede kurzer Sinn, abseits der etablierten Massenproduktion beschreiten erfinderische Geister immer wieder neue Wege, streben nach Erweiterung und Aktualisierung des scheinbar gesetzten Konzepts. Ulrich Teuffel baut seit 18 Jahren Gitarren und verdiente sich in der Zeit von 1987 bis 1994 seine handwerklichen Sporen mit der Fertigung von Custom-Instrumenten nach klassischen Vorbildern, sowie zwei eigenen Gitarrenserien. Das späte Studium von Produkt- und Mediendesign an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe bei Hartmut Esslinger und Kurt Weidemann führte dann zu einer völlig neuen Definition seiner Arbeit als Gitarrenbauer. konstruktion 1995 begann Ulrich Teuffel mit der Konzeption der ,birdfish', die er als erste von drei eigenständigen Gitarrenreihen auf der Musikmesse in Frankfurt 1996 präsentierte. Die gesamte Konstruktion setzt auf formale Neuschöpfung. Eigentlich ist alles da, was man braucht: Hals, Korpusteile, Pickups, Schaltelemente etc. Doch wer die ,birdfish' das erste Mal anschaut, denkt - nun ja, gar nicht so einfach, sagen wir einmal an eine Ausstellung im Museum für Design mit Anflügen von modernem Boots- und italienischem Küchengerät; wer hat da Pumpgun gesagt (?!?). Nun wollen wir uns aber nicht dümmer stellen, als wir sind. Schließlich kann das Konzept: "Scheibe Holz an geschraubten Hals" (klingt fast, als könnt' man es essen) bei aller Genialität der Idee doch nicht für Jahrhunderte als sakrosankte Glaubensregel zementiert werden. Mann, das wäre ja so konservativ, wie der Rock 'n' Roll, der dieses Instrument schließlich groß gemacht hat, nie sein wollte. Einigen wir uns also darauf, dass die große alte Dame E-Gitarre sich mit gutem Recht ihren Platz in der Geschichte erkämpft hat, die Zukunft aber sicher noch Großartiges für uns bereit hält. Ulrich Teuffel sieht sich durchaus in Reihe mit den Erfindern der E-Gitarre und ganz besonders verwandt fühlt er sich dem Leo Fender. Mit der ,birdfish' verfolgt er denn auch das Ziel, die Stratocaster aktuell neu zu gestalten, da sein Instrument ebenfalls aus einzelnen, getrennt gefertigten Komponenten besteht, die einfach herzustellen und beliebig auszutauschen sind. Die Einfachheit und Klarheit der Konstruktion, die es dem Spieler erlaubt, sein Instrument selbst zu modifizieren, wird von Teuffel zum Prinzip erhoben. Alle klangbildenden Komponenten wie Resonanzkörper und Pickups können variiert und ausgetauscht werden. Sämtliche Module finden zudem in einer Tasche gemeinsam mit dem Instrument Platz und stehen stets zur Modifikation bereit. Facts Der bundierte Hals ist zunächst das einzige, was uns in Hinsicht auf die Gitarre auf Kurs hält, alles andere ist zumindest optisch anders als gewohnt. Dieser kopflose One-Piece-Maple-Neck aus formidablem Vogelaugenahorn bietet mit bestens rund ausgeformtem D-Profil und 22 schlanken, relativ hohen und perfekt bearbeiteten Bünden exzellente Spielbedingungen. Er verfügt über einen Knochensattel und den eingelegten Stahlstab, der vom fehlenden Kopf aus zugänglich ist. Der Korpus besteht aus den zwei zentralen Halteelementen ,bird' und ,fish', die wie auch die Control Box im Wachsausschmelz-Verfahren gegossen werden und das geht so: für jedes Bauteil wird zunächst ein Wachsmodell aus Feingusswachs gefertigt. Dieses Modell wird dann über Wochen mehrfach in Keramikmasse getaucht, bis sich eine Schicht von ca. 10 mm aufgebaut hat. Die anschließend erhitzte Keramik lässt das Wachs ausfließen, und es entsteht ein Hohlraum in exakt der Größe des Wachsmodells. Die Keramikform wird nun bei 1050 °C gebrannt. Schließlich gießt der Gitarrenbauer eine Alu-Titan-Legierung unter Vakuum in die heiße Form, die nach dem Abkühlen dann zertrümmert wird. Übrig bleiben die Gitarrenteile, die nun warmgehärtet, gebohrt und gefräst werden. Nachdem sie geschliffen und poliert wurden, bekommen sie in der Galvanik noch eine Kupferschicht, die wiederum geschliffen und poliert wird, bevor sie dann letztlich vernickelt, verchromt und ein letztes mal glanzpoliert werden. Die kleinen Pickup-Sockel entstehen ebenfalls so. Diese Arbeitsmethode ist sehr aufwendig, aber Experimente mit anderen Gussverfahren haben kein so dichtes Metallgefüge und keine so guten akustischen Eigenschaften erbracht. Die beiden so entstandenen Halteelemente sind mit zwei parallel angeordneten zylindrischen Resonanzkörpern verbunden, die dank eines speziell angefertigten samtigen und äußerst widerstandsfähigen Lackes äußerlich nicht verraten, dass sie aus Holz bestehen. Neben dem blau lackierten Satz aus Swamp Ash steht ein weiterer in rot aus Ahorn zum alternativen Austausch bereit. Eine zweite Verbindung stellt die nicht magnetische Edelstahlachse her, auf der die allesamt handgewickelten Pickups flexibel verschieb- und austauschbar montiert sind; jeder Tonabnehmer lässt sich auch im Winkel zur Achse individuell ausrichten. Alle fünf vorliegenden Tonwandler verfügen über AlNiCo-Magneten, drei davon sind Humbucker mit unterschiedlichen Konfigurationen und zwei sind Singlecoils mit Vintage-Charakter, einmal links und einmal rechts gewickelt. Die Humbucker sind auf der Unterseite mit Punkten gekennzeichnet und bieten folgende Merkmale: ( ähnelt dem P 90, (( ähnelt einem PAF und ((( ist dem Jeff Beck-PU (weniger Höhen) verwandt. Verbunden sind die über Steckverbindungen und haltende Rädelschrauben leicht auszutauschenden jeweiligen Tonabnehmer via Kabelstrang mit der Control Box. Die hängt ebenfalls beweglich unterhalb der Bridge und ist mit einem unten angebrachten Fünfweg-Schalter und jeweils einem Generalschalter für Volumen und Ton vergleichsweise konventionell ausgelegt. Natürlich sind die Drehregler ergonomisch geformt und bieten mittels eines eingelegten Gummiringes gute Griffigkeit. Die Saiten werden von einer Headless-Tuner-Einheit gehalten, die von Ulrich Teuffel entworfen und von ABM hergestellt wurde. Die einzigen Elemente, die Ulrich als Standardteile zugekauft hat, sind die Tune-o-matic-Bücke von Schaller und die String Clamp für den Einsatz konventioneller Saiten am Kopfende von Ned Steinberger. Sämtliche Schrauben an der ,birdfish' sind aus Edelstahl, die Köpfe handpoliert. Der handgenähte Gigbag aus Wildleder, in dem die ,birdfish' geliefert wird, ist übrigens so dick gefüttert, als wäre ein ganzer Daunenschlafsack eingearbeitet. In vier aufgenähten Taschen sind die alternativen Korpuszylinder, die Austausch-Pickups und das benötigte Werkzeug untergebracht. praxis Plus |
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